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run ... away ... job

Wie war es Sportartikelhändlern nur früher möglich zu überleben? Mit dem einen dreistreifigen Trainingsanzug für Sportverein und Dauerlauf? Dem einen Paar Turnschuhe für jede Aktivität und der einen Skihose, die höchstens mal farblich aus der Mode kam? Unsere Generation hat einen ganzen Industriezweig belebt. Wie viele Arbeitsplätze müssen wir geschaffen haben? Trekking, Joggen, Inlinern, Yoga, Fitness, Zumba, Skifahren, für alles ein stimmiges funktionales Outfit. Nach oben hin offen, in endlose Verästelungen der Spezialisierung – wer trägt beim Downhill schon das gleiche wie beim simplen Radfahren?

 

Egal ob Mann oder Frau, wir alle rennen, dehnen, skaten dem Alter davon. Wir stehen auf Inlinern und brechen uns die Handgelenke, weil das mit dem Gleichgewicht eben nicht mehr so geht, wie mit 25, aber finden Sportverletzungen natürlich cooler, als Krampfadern. Frauen, die zu Schulzeiten noch vier mal im Monat ihre Tage hatten, wenn Sportplatzrunden auf dem Lehrplan standen, trainieren plötzlich für irgendeinen Stadtmarathon und Männer im fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt lehnen mit Rennrädern an den Masten von roten Ampeln, damit sie nicht umkippen, denn ihre Profischuhe sind fest verbunden mit den Pedalen 5000 Euro Rades.

 

Fit halten ist gut und richtig. Wenn wir uns an unsere Großeltern erinnern, sind sie in unseren Köpfen nicht nur alt, weil für Menschen unter 20 sowieso alle über 30 steinalt sind, sondern weil sie alt waren. Unsere Generation ist, biologisch gesehen, im Durchschnitt 10 Jahre jünger, als die unserer Eltern und gewiss 20 Jahre jünger, als die unserer Großeltern. 

 

Uns fehlt jedoch im Moment noch das rechte Maß und – die Toleranz dafür, dass auch wir tatsächlich altern. Wir leben das aktivere Leben, wahrscheinlich auch das länger erfüllte. Es ist bestimmt nicht falsch, etwas von der durch viele Lebenskrisen hart erarbeiteten Weisheit dafür zu nutzen, Grenzen zu akzeptieren, vielleicht gar selbst welche zu setzen?! 

 

Vielleicht damit auch dazu beizutragen, dass unsere Kinder von der von uns vorgelebten uneingeschränkten Fülle der Lebensmöglichkeiten profitieren und dennoch lernen, dass das beste was einem passieren kann, irgendwann darin liegt, persönliche Bedürfnisse mit unveränderbarer Lebensrealität so deckungsgleich wie möglich zu bekommen.