Kann man mit einem knapp 14jährigen noch Kleidung einkaufen gehen? Die Antwort ist eindeutig Nein! Auf jeden Fall dann nicht, wenn man mehr Wert auf soziale Anerkennung, als auf kollektives Mitleid legt.
Das Ansinnen meinen halbwüchsigen Sohn mit bezahlbarer und nicht ausschließlich aus umrandeten Löchern bestehender Garderobe zu versorgen begann erwartungsgemäß mit einem lang gezogenen EEEEEEH!
Irgendwo im hochkomplizierten Nichts des nicht-mehr-Kind-seins und noch-nicht-Mann-seins, passt plötzlich 176 nicht mehr. Den Betroffenen scheinen Hosen mit mehr Löchern als Stoff und übergroße T-Shirts, deren Aufdruck von Labeln mir bis heute unbekannter Designer, die simple Baumwollware zu Goldpreisen verkaufen lässt, die Lösung. Den Müttern nicht zwangsläufig.
Also fanden wir uns, nach nur etwa halbstündiger Diskussion, in der Männerabteilung eines bekannten schwedischen Textilunternehmens wieder. Da mir jede Größenvorstellung in der uns doch noch recht fremden Umgebung einer Männerabteilung fehlte, schien ein klassisches Verkaufs- und Beratungsgespräch mit dem coolen jungen Mann der die Pullover faltete unumgänglich.
Fest zusammengebissene Zähne, verbunden mit Zischlauten des Missfallens, ließen keinen Zweifel daran, dass mein Sohn seine Zeit des Verkäufer*innenhasses noch nicht überwunden hatte.
Die traumatische Vorstellung, ein Verkäufer oder noch schlimmer eine Verkäuferin könnte ihn anfassen, um gar den Sitz eines Kleidungsstückes zu überprüfen oder, fast nicht mehr zu schlagen, den Vorhang der Kabine zurückschieben, wenn man zwar quasi komplett angezogen, aber der rechte Schuh noch nicht zugebunden ist, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.
Bepackt mit einem Stapel Hosen machten sich wenig später der coole junge Mann und ich auf den Weg zur Umkleidekabine ganz, ganz hinten rechts. Hosen wurden herein und wieder heraus gereicht und ab und zu erschien ein um völlige Ausdruckslosigkeit bemühter Teenager vor der Kabine um Grunzlaute des Ge- oder Missfallens von sich zu geben.
Der extrem dezente, dem Herrgott sei Dank, Verkäufer hielt sich ganz im Hintergrund und lieferte fleißig. Die Ausbeute war gut, für alle Seiten. Das Blatt schien sich zu wenden und so wagte ich die Frage nach T-Shirts, bat den jungen Mann um Unterstützung bei der Suche und sagte, mein Sohn und ich kämen sofort nach.
Dieser wechselte mehrfach die Gesichtsfarbe, um dann entsetzt von sich zu geben: „Nicht auch noch T-Shirts, das überleb´ ich nicht. Der war so unglaublich aufdringlich.“ …